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unbekannt: Die Frau

Ferne sei es von mir, sie deßwegen in Schutz zu nehmen; ich will nur damit sagen, daß unsere sittlichen und geistigen Verhältnisse noch an einer anderen Krankheit dahinsiechen und diese heißt – Gedankenlosigkeit!

„Ein Federzug von dieser Hand, und neu erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gedankenfreiheit!“

So sprach einst ein edler Marquis zu einem despotischen Könige. Was würde dieser Marquis mit diesem herrlichen Geschenke jetzt anfangen, wo jeder seine Freiheit nur benützt, um sich frei zu machen von den Gesetzen des Edlen und Schönen, Sklave aber seiner niederen Tendenzen und seiner Geisteserschlaffung wird, wo sich die ganze Existenz von Ideen und Gedanken nur auf das ausdehnt, was Existenz oder Nutzen bringt, wo die Menschen nur denken, um zu leben, nicht leben, um zu denken, und zu jener Vollkommenheit zu gelangen, die der Geist anstreben kann, anstreben soll, die einzige Vollkommenheit, die ohne Schranken, ohne Zwang, frei von den Fesseln der Convenienz zu erreichen ist.

Jeder mit seiner eigenen Menschenwürde unbekannt, sucht und ehrt sie nicht an Anderen.

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unbekannt: Die Frau. Carl Winiker, Brünn 1859, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Frau_anonym_1859.djvu/3&oldid=- (Version vom 21.11.2023)