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unbekannt: Die Frau

für den Geringsten im Hause darüber des Abendbrod vergessen würde. Dieselbe Frau sehen wir mit jener angebornen Eleganz, die keines Luxus bedarf, und das unscheinbarste Gewand zur Geltung bringt, mit jenem distinguirten Wesen in Gang und Haltung, welches den Adel der Seele wie des Ranges angibt, in der Welt erscheinen. Mit Takt, Grazie und Unbefangenheit wird sie die Stellung einnehmen, die ihr darin angewiesen wurde ohne Anmassung, aber auch ohne sich zu vergeben. Sie wird nie etwas sagen, was sie nicht sagen will, die Welt und ihr Urtheil verachtend ihr das Lächeln der Liebenswürdigkeit, aber nie ihre Seele entgegenbringen. Zu was auch? Sie verlangt ja nichts anderes als das Lächeln der Heiterkeit, um für sie gestimmt, oder in ihr nicht gestört zu werden. Was kümmert sich die Welt um ein gebrochenes Herz? Wenn die gesetzmäßige Zeit vorüber ist, die der Anstand des Mitleids erfordert, so wähnt sie den Kummer mit verstrichen und Frauenthränen, mögen sie auch aus der tiefsten Quelle verletzter Gefühle oder schweren Kummers rinnen, sind ja nur – Weiberthränen. – Wird da die Verstellungskunst nicht zum Gesetze, die Intrigue nicht zur Nothwendigkeit? Und was sind denn Beide anderes als unser trauriges Spiel der Welt gegenüber, die uns immer mehr und mehr von der strengen

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unbekannt: Die Frau. Carl Winiker, Brünn 1859, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Frau_anonym_1859.djvu/25&oldid=- (Version vom 21.11.2023)