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unbekannt: Die Frau

und einseitig sind und diese Einseitigkeit jeder Anschauung, jedem Urtheile aufdringen.

Von dem Richterstuhle ihrer Auffassung wird jede Grazie verurtheilt, weil keine an ihrer Wiege gestanden ist. Liebenswürdigkeit, ja nur anständige Artigkeit heißt Affektation. Mit Ausdruck Klavier spielen, Gedichte lesen oder sonst so etwas von Poesie des Lebens, oder Seelenzustände (leider hat die Seele nicht stricken, nähen und kochen gelernt) sprechen, heißt Exaltation; Mondabende unbeschäftigt auf Promenaden oder im Garten zubringen, oder etwa gar selbst ein Gedicht machen, Schwärmerei und schon sehr gefährliche Tendenzen.

Ich wiederhole es, achtungswürdige Frauen, die aber die zauberischen Geheimnisse weiblicher Bestimmung eben so wenig ahnen, als sie sie erfüllen, die haben den Schlüssel zu den Prachtgemächern und gesammelten Schätzen ihrer Seelenahnen verloren oder nie bekommen, und nur den in Händen, der Wohnzimmer, Keller und Speicher aufschließt. Die Lebensgeschichte ihres Herzens hat an dem Tage begonnen, wo sie ihr Mann begehrt hat und schließt am Hochzeitstage.

Schweigend will ich über jene hinübergehen, die verwahrlost, aufgewachsen unter dem Beispiele

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unbekannt: Die Frau. Carl Winiker, Brünn 1859, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Frau_anonym_1859.djvu/21&oldid=- (Version vom 21.11.2023)