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konnte Paul zuletzt nicht mehr widerstehen und sagte ihm, warum er das Pferd erstochen habe und sogleich wurde er bis an die Brust zu Salzstein. „Bin ich soweit zu Stein geworden, dann will ich es auch ganz werden“ sprach er und erzählte auch, warum er den Becher umgeworfen habe und zugleich stand er regungslos da.

Da war Ferdinand sehr betrübt und jammerte laut, daß er eine so große Treue so schlecht belohnt habe. Er ließ den Salzstein in das Schloß tragen, ging jeden Tag zu ihm und betrachtete ihn mit betrübten Blicken. Nach Jahresfrist schenkte seine Frau ihm ein Kind. Da träumte ihm in einer Nacht der Stein thue den Mund auf und sage: „Du kannst mich erlösen, wenn du dein Kind schlachtest und mich mit seinem Blut bestreichst.“ Das war doch gar zu hart für ein Vaterherz, welches eben erst seines Kindes froh zu werden denkt; darum überredete er sich leicht, der Traum sei eben nur ein Traum, wie alle andern. In der zweiten Nacht träumte ihm aber dasselbe und da fing er an, sehr traurig darüber zu werden. In der dritten Nacht wiederholte sich der Traum noch einmal und der Salzstein sprach noch dazu: „Wenn du mich heut nicht erlösest, dann bin ich für ewig zum Stein verwünscht.“ Da dachte der Prinz, er dürfe nun nicht zögern und müsse Treue mit Treue lohnen. Er stand mit Tagesanbruch auf, nahm das Kind aus der Wiege, seinen Hirschfänger von der Wand und ging in die Stube, wo der Salzstein stand. Da küßte er das arme Kind noch einmal und hob das Mordmesser, um es zu schlachten, doch da war der Stein plötzlich lebendig

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_388.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)