Seite:De Deutsche Hausmärchen 350.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


eine Hochzeit! Etwas Schöneres als das Brautkleid ist nie gesehn worden. Daran haben hundert Stickerinnen Jahr und Tag gearbeitet.

Die jungen Eheleute lebten recht glücklich zusammen und der Himmel segnete sie so, daß sie alle Jahr zwei Buben bekamen und im Herbst noch einen Spätling, bis es ihrer zwölf waren. Alle wurden gleich wie sie auf der Welt waren, zu Feldwebeln ernannt und in die Montur gesteckt. Sobald sie laufen konnten, lernten sie exerciren und gingen sie jeden Tag mit auf die Wachtparade, welcher der Feldwebel stets beiwohnte, denn er war Soldat von Kopf bis zu Fuß. Als der neunte Bub eben auf die Welt kam, starb der alte König und die Königin überlebte ihn nicht lange. Der Feldwebel wurde also zum König gekrönt und war bald so geliebt, daß jedermann im Volke sich für ihn hätte todtschlagen lassen.

Als er eines Tages mit seiner Familie wieder auf der Wachtparade war, kam ein Kerl in Lumpen daher und bettelte ihn an. Er gab ihm ein groß Stück Geld, als er ihm dabei aber unter die Augen sah, erkannte er ihn sogleich: es war nämlich einer von seiner alten Mannschaft. Am folgenden Tage kam wieder einer und so ging es fort, bis sie alle zwölf da waren und jeden Tag bettelten. Da ließ er sie zu sich bescheiden und als sie zitternd und zagend vor ihm standen, weil sie nicht anders glaubten, als der König wolle sie wegen ihres Bettelns hernehmen, gab er sich ihnen zu erkennen. Das gab lange Gesichter und große Augen! Nachdem er ihnen erzählt hatte, wie er es bis zum

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_350.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)