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zog man aber zweimal dran, so hörte es auf. Als der Hirsch fertig war, lief die ganze Stadt herbei ihn zu sehn. Der Wirth steckte den Soldaten aber in den Hirsch hinein und schloß das Thürchen. Wenn nun der Wirth sagte: „Goldhirsch, spiel dein Stücklein,“ so zog der Soldat einmal am Schnürchen, sagte der Wirth aber: „Goldhirsch, es ist genug,“ dann zog er zweimal daran. So spielte der Hirsch, so oft der Wirth es befahl, und keiner konnte begreifen wie das zuging.

Wer war jetzt glücklicher als der Soldat. Schnell ließ er seinen Vater kommen, gab ihm die nöthigen Weisungen und nachdem er dem guten Wirthe noch von Herzen gedankt hatte, zogen sie ab geraden Weges zur Hauptstadt, wo die Prinzessin unterdessen wieder angekommen war. Dort war der Ruf von dem wunderbaren Goldhirsch schon weit verbreitet und jeder wollte das große Kunstwerk sehen. Des Soldaten Vater aber – denn der Soldat selbst war in dem Hirsch versteckt – sprach, es dürfe keiner den Goldhirsch sehen, bevor der König ihn gesehn habe und er fuhr mit dem prächtigen Thier in den Schloßhof hinein. Dort nahm er die Decken ab, welche es verhüllten und da leuchtete der Hirsch so herrlich in der Sonne, daß man den Glanz kaum aushalten konnte. Der König kam mit seiner Tochter herbei und Beide hatten nicht Worte genug, ihre Verwunderung auszusprechen über das stolze Thier und wie Alles daran so fein gearbeitet war. Als der Vater des Soldaten aber erst rief: „Goldhirsch, spiel dein Stücklein“ und die schönen Lieder erklangen, da konnte sich die Königstochter vor Entzücken nicht länger halten

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_077.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)