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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

3. Brixton

In einem langen, zugigen Gang stehen Hunderte von Gefangenen, einer hinter dem anderen, und warten. Aufseher schreiten die Reihe entlang, jedes Gespräch ist verboten. Fröstelnd zieht man den Mantelkragen hoch. Die Beine wollen den Dienst versagen.

Stunde um Stunde verstreicht. Allmählich rückt man dem Pulte näher, an dem ein Inspektor sitzt, der das Register führt. Bisweilen gibt es Stockungen. So zum Beispiel bei meinem Vordermann, einem jungen Burschen mit weißblondem Haar und einem stupiden Gesichtsausdruck, der kein Wort Englisch verstehen will. Immer und immer wieder aufgefordert, seinen Namen zu nennen, antwortet er nur mit Achselzucken und mit Beteuerungen in einer Sprache, die ringsumher kein Mensch kennt. Der Beamte blättert in den vor ihm liegenden Haftbefehlen herum und findet schließlich einen, der ihm der richtige zu sein scheint. Gegen einen gewissen Iwan Iwanowitsch Schulz aus Riga. Wegen vierfachen Mordes. Bombenattentat. Erstaunt betrachte ich mir den Dynamithelden, er sieht gar nicht so gefährlich aus. Ich rede ihn an, und, siehe da, er spricht Deutsch. Man ernennt mich zum Dolmetscher. Der Bursche steht äußerst ungern Rede, macht offenbar falsche Angaben. Nun, mich geht das nichts an. Schließlich sind alle Rubriken ausgefüllt, die Reihe kommt an mich.

Name? Ich gebe ihn an. Blättern unter den Papieren. Kein solcher Name zu finden. Ja, richtig, der Haftbefehl ist gegen

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/27&oldid=- (Version vom 31.7.2018)