Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses. | |
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Zum erstenmal begegnet ist mir Bowstreet in einem Essay Macaulays, ich entsinne mich noch gut der mit wenigen Strichen meisterhaft hingeworfenen Szene, die sich, wie so viele Stellen in den Werken dieses Historikers, dem Gedächtnis unvergeßlich einprägte. Später nahm dann die Bowstreet ihren Platz ein neben dem Tower, neben Newgate und der Old Bailey – Namen, die einen besonderen Klang haben in der englischen Rechtsgeschichte. Sie ergreifen und beschäftigen die Phantasie in ganz eigener Weise, diese altersgrauen Stätten, umwittert von einem trüben Dunst menschlicher Schuld und menschlichen Elends.
In einem kahlen, schlecht beleuchteten, mit üblen Gerüchen angefüllten Raum wartete eine Menge Vagabunden, Spitzbuben und Säufer, bis der diensttuende Beamte die Eintragung in das dicke Buch beendet hatte; von Zeit zu Zeit, wenn ein kleines Bündel von Delinquenten beisammen war, nahm sie ein dunkeluniformierter Charon in Empfang und geleitete sie über den Styx in die Unterwelt, wo sich mit dumpfem Krachen schwere eiserne Türen hinter ihnen schlossen. Es ging nicht ohne Heulen und Zähneknirschen ab. Indessen war das Verhalten der Beamten durchaus sachlich, ohne jede Schärfe. Wurde Zwang erforderlich, so blieb er so sanft wie möglich. Ich beobachtete alles mit lebhaftem Interesse.
Endlich kam auch ich an die Reihe. Meine Personalien wurden
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/13&oldid=- (Version vom 31.7.2018)