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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

amüsieren könne. Er bestand auf seiner Version und fügte zur Bekräftigung derselben noch hinzu, ich hätte auch im Hotel den Besuch einer verdächtigen Frauensperson empfangen, die offenbar eine Kupplerin gewesen sei. Auch dagegen protestierte ich; die Dame war eine Verwandte, Gattin eines höheren Beamten. Aber das half nun nichts, seine Aussagen hinterließen einen üblen Eindruck, und über meine sexuellen Ausschweifungen in Frankfurt wurde später von berufener und unberufener Seite viel geredet und geschrieben.

Ein Gepäckträger am Bahnhof in Karlsruhe bekundete, er habe um die Mittagszeit für einen Herrn mit schwarzem Vollbart einen Koffer und eine Handtasche in den Aufbewahrungsraum getragen, der Reisende sowohl wie sein Gepäck seien ihm ausländisch vorgekommen, und als er abends gegen acht Uhr einen Kollegen die beiden Stücke an den Frankfurter D-Zug tragen sah, habe er zu demselben gesagt. „Nicht wahr, das Gepäck gehört einem Ausländer mit schwarzem Vollbart?“ Worauf der andere: „Nein, einen Vollbart hat der Herr nicht, er ist glattrasiert.“ Das habe seine Neugierde erregt, er sei mit an den Zug gegangen und habe nun zu seiner größten Verwunderung bemerkt, daß derselbe Herr, der am Mittag einen Vollbart getragen, jetzt glattrasiert war. Nun sei ihm nachträglich der Verdacht aufgestiegen, daß der Bart falsch gewesen sein könne, und sobald er von dem Mord in Baden-Baden gehört, habe er der Kriminalpolizei Meldung gemacht. Ein am gleichen Bahnhof stationierter Schutzmann hatte mittags den Herrn mit dem falschen Bart beobachtet, wie er unstet auf dem Perron hin und her ging, eine auffällige und verdächtige Erscheinung; er habe sich aber nicht getraut, eine Verhaftung vorzunehmen. Darauf sagte der Vorsitzende: „Es ist sehr schade, daß Sie die Verhaftung unterließen. Sie hätten den Mann unbedingt festnehmen sollen. Ein schweres Verbrechen wäre dadurch verhindert worden.“ Ganz zerknirscht entschuldigte sich der Schutzmann, es tue ihm sehr leid, und in Zukunft werde er sicher nicht verfehlen …

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/115&oldid=- (Version vom 31.7.2018)