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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

sonderbar. Also gab es doch noch Menschen, die nicht schon vor der Verhandlung ihr Urteil fertig hatten.

Zu diesen Menschen gehörte nun freilich der Herr Oberamtsrichter und Gefängnisvorstand nicht. Er hielt es für seine Pflicht, mir daraus kein Hehl zu machen, und meinte, es sei für mich jetzt Zeit, andere Saiten aufzuziehen und ein reumütiges Geständnis abzulegen. Andernfalls werde die Sache für mich einen schlimmen Ausgang nehmen. Das Todesurteil sei mit Sicherheit zu erwarten und werde möglicherweise auch vollstreckt werden. Daß ich den Mord begangen habe, sei außer Zweifel.

„Das sagen Sie,“ entgegnete ich ihm, „vielleicht sind die Geschworenen anderer Meinung. Jedenfalls muß es erst bewiesen werden, daß ich den Mord begangen habe. Dazu ist ja wohl die Hauptverhandlung da, die wir also zunächst mal abwarten wollen.“

Aus diesen Worten hat er mir hernach einen Strick zu drehen versucht. Er ließ sich in der Hauptverhandlung als Zeuge laden und sagte aus, ich hätte mich ihm gegenüber in zuversichtlichem Tone dahin ausgelassen, es sei mir vor der Verhandlung gar nicht bang, man solle mir nur beweisen, daß ich der Täter sei. Den Ton mimte er in solcher Weise, daß der Gerichtshof den Eindruck bekommen sollte, als sei der Sinn meiner Worte gewesen: „Ich habe den Mord zwar begangen, aber überführen könnt ihr mich nicht.“ Ein ganz perfider Streich.

Mitte Juli siedelte ich aus der Villa Hübsch in das andere Gefängnis über. Dieses war, wie schon gesagt, ein alter Kasten, klein und eng; ein sogenannter erster Aufseher wohnte im Haus mit Frau und Tochter, einem jungen Mädchen von 17–18 Jahren; daneben tat noch ein jüngerer Aufseher Dienst. Eines Nachmittags, gegen Abend, stattete mir mein Verteidiger einen längeren Besuch ab, und als wir fertig waren, klingelte er, damit der Aufseher ihn wieder herauslasse. Es dauerte und dauerte, niemand erschien. Er klingelte wieder. Nun wurden auf der Treppe, die zum Besuchszimmer heraufführte,

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/109&oldid=- (Version vom 31.7.2018)