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„Ach, Fräulein Julchen, es ist doch nicht schlimm, hoffe ich, mit dem Baron?“

Julchen schälte eifrig an ihrer Birne weiter und zog die greisen Augenbrauen hinauf.

„So ’was greift an“, meinte sie und begann wieder eifrig ihre Birne zu schälen. „Heute Morgen, als er den Brief fand, hatte er einen so starken Anfall, daß wir den Doktor holen wollten, aber er wollte das nicht.“

„Ah, der Brief“, sagte ich, als verstände ich, und wirklich etwas in mir verstand sofort das, was mir doch unbegreiflich war. „Und wie – wie kam das?“ fuhr ich auf das Geratewohl fort.

Julchen warf die geschälte Birne klatschend in die Schüssel, die auf der Erde stand.

„So gegen zwei Uhr muß sie fortgegangen sein. Der Portier von drüben ist in der Nacht von der Kneipe heimgekommen. Da hat er einen Wagen in der Allee stehen sehen. Da wird er wohl auf sie gewartet haben.“

„Er?“

„Ja, der Herr von Spall. Und die Gemüsefrau, als sie zur Stadt gekommen, ist dem Wagen begegnet. Sie werden wohl bis zur nächsten Station gefahren sein.“

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/236&oldid=- (Version vom 31.7.2018)