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Daahlen begannen eine Partie Schach. Ich trat zu Claudia. Merkwürdig war es, wie sich ihre Erregung mir mitteilte. Ja, der Nerv in mir gehorchte den Schwingungen des fremden Wesens. Meine Stimme klang unsicher, als ich sagte:

„Wir haben solange den Weiher nicht gesehen.“

„Ja, gehen wir noch einmal zum Weiher hinunter“, erwiderte Claudia freundlich.

Wir stiegen in den Garten hinab. Anfangs sprachen wir aufs Geratewohl von allerhand, von den Rosen, an denen wir vorübergingen, von den Kröten, die dick und runzelig mitten auf dem hell beschienenen Wege saßen. Eine Weile gingen wir auch schweigend nebeneinander her. Im Dunkeln unter den Bäumen sagte ich:

„Sie sind heute heiterer“ – und in Gedanken nahm ich sie fest an mich, die ganze, kleine, vor Erregung und Qual bebende Gestalt.

„War ich sonst nicht heiter?“ fragte Claudia. „Ja – diese Tage über, glaube ich, waren Sie nicht recht heiter“.

„Ich weiß nicht, ob ich heiter bin“, fuhr Claudia sinnend fort. „Geht es Ihnen zuweilen auch so? Es kommt eine Müdigkeit – so eine unendliche

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Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/221&oldid=- (Version vom 31.7.2018)