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Luft war schwer von Bierdunst. Erhitzte Kellnerinnen schleppten große Portionen Kalbsbraten und Schweinebraten und Papierservietten heran. An allen Tischen die geputzten Mädchen mit ihren jungen Leuten. Auf den Gesichtern lag es wie Abspannung, in den Augen wie schläfrige Enttäuschung. Die Männer hatten vom Trinken rote Köpfe und waren recht laut. Zwei stritten sich und das Mädchen weinte. Die Militärkapelle schmetterte einen Marsch. Später kam ein Kornettsolo, Schuberts Ständchen. Die Leute wieder still, streckten sich vor süßem Gefühl auf den Bänken. Die Mädchen schauten starr vor sich hin und verzogen ein wenig das Gesicht, als wollten sie weinen.

„Nun?“ fragte ich Toni.

„Sehr schön!“ erwiderte sie. Die Arme unter der Brust gekreuzt, saß sie da, in den Augen auch den schläfrigen, enttäuschten Blick. Die Traurigkeit dieses zu Ende gehenden Sonntags lag schwer auf uns allen. Dagegen gibt es nur Eines – zusammen nach Hause gehen – sich aneinander drücken und vergessen.

„Komm“, sagte ich zu Toni.

Wenn das jetzt nicht hier stünde, so wäre es für

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Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/216&oldid=- (Version vom 31.7.2018)