Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen | |
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„Dann lagst Du so den ganzen, langen Tag.“
„Ja – lang – lang war der Tag.“
„Und wenn du den langen Tag so da lagst, wartetest du da immer auf etwas?“
Toni dachte nach:
„Warten? Ich weiß nicht. Ja, ich wartete, daß die Mutter zum Essen ruft.“
„Ach ja – auf das Essen hast du gewartet – natürlich. Du – komm näher.“
Toni schob sich über das Gras zu mir hin – schmiegte sich eng an mich.
„Ist’s so gut?“ fragte sie.
Ja, so war’s gut. Ich weiß nicht, wie lange wir dort unten in der Kiesgrube geblieben sind. Die Sonne schien schon schräg über die Ebene. Musikklänge kamen zu uns herüber. Das regte Toni auf.
„Das ist die Musik von Deibler – und das von Bohrer“, sagte sie.
„Du willst wohl dahin?“
„Ja, da müssen wir auch noch hin“, erwiderte sie bestimmt. Nun und dann gingen wir zum Deibler. In dem großen Biergarten unter den staubigen Bäumen saßen die Menschen Kopf an Kopf. Die
Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/215&oldid=- (Version vom 31.7.2018)