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an dem Manuskript zu ändern, das wir heute gelesen haben.“ Wir lehnten am eisernen Geländer der Veranda und schauten in den Garten hinaus. „Ja“, sagte ich, „ich habe mich den ganzen Tag darauf gefreut.“

Ich wunderte mich, daß das so einfach herauskam, denn ich hatte mir viel kompliziertere Dinge zurechtgelegt.

„Heute wird es hübsch hier“, bemerkte Claudia, „ein wenig Mond ist schon da.“ Die Sonne war untergegangen, die Luft wurde blau. Über den zackigen Wipfeln der großen Ahornbäume hing eine schmale, weiße Mondsichel. Wir schwiegen. So an dem Gitter zu stehen, nebeneinander und in das Herabdämmern hinein zu blicken – ihre Gegenwart zu fühlen war wunderbar ruhevoll. Aber endlich mußte doch etwas gesagt werden.

„Wie heimlich dunkel diese Wege sind,“ begann ich, „dort unten höre ich auch Frösche.“

Claudia nickte: „Ein kleiner Weiher ist unten. Die Frösche, ja die höre ich kaum mehr, ich bin sie so gewohnt. Die Wege – ja sie sind sehr heimlich, später im Jahr etwas unheimlich, wenn so die Blätter rascheln. Mein Mann darf abends nicht

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/181&oldid=- (Version vom 31.7.2018)