ich wieder meine Malereien aufnehmen. Unser Wohnzimmer hat ausgezeichnetes Licht, so daß es als Atelier dienen kann, und da mein Bruder erst nachmittags zurückkommt, habe ich den ganzen Tag dafür frei. All meine chinesischen Skizzen sind hier, und ich habe manche an die Wände gehängt, lauter alte Bekannte von Ihnen, zu denen nun noch japanische und kanadische gekommen sind. Als ich in all den Bogen blätterte, fiel mir die Pekinger Zeit so besonders lebhaft ein und die kleine Bilderausstellung, die ich vor unserer Abreise dort arrangierte. »Premier Salon de Pékin« wurde sie genannt, und ich verkaufte eine Menge Skizzen! Wenn ich so durch mein Malen ein paar hundert Dollar verdiene, fühle ich mich so stolz, so self made, als sei ich Charles William O’Doyle inmitten seiner Millionen! In grauen leeren Tagen, als die Welt für mich nichts mehr zu enthalten schien, habe ich zuerst zu malen begonnen, wie eine Zerstreuung, eine Rettung vor den ewig gleichen, quälenden Gedanken. In den langen Wanderjahren mit meinem Bruder ist es dann allmählich meine große Lebensfreude geworden, der befreiende Ausdruck des innerlich Erlebten. Und noch in anderem Sinn ist das Malen mir zu einer Lebensfreude geworden, denn wenn ich ein Bild verkaufe, bedeutet das Butter zu
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/73&oldid=- (Version vom 31.7.2018)