ihre Ankunft schon gemeldet, dann aber widerrufen.
Aber wie ist es denn nur alles möglich? Das fragen wir uns immer wieder. Etwas Traumhaftes hat das Ganze, und man ringt, endlich erwachen und all den nächtlichen Spuk abschütteln zu können. Wenn ich an unsere stillen monotonen Pekinger Jahre zurückdenke, sage ich mir oft, »dies ist ja alles nur ein verrücktes Märchen, an das niemand glauben kann«. Über wie vieles wurde doch in China geklagt! Über Hitze, Staub und Moskitos, Überarbeitung, Ärger durch das eigensinnige Tsungli-Yamen oder über die großen Herren zu Hause, denen China ein Buch mit fünf Siegeln ist und die doch alles besser wissen wollen. Aber daß Gefährdung der persönlichen Sicherheit je zum Gegenstand gerechter Beschwerde gegen das Schicksal und die Chinesen werden könnte, wäre keinem in den Sinn gekommen. Unmöglich wäre es uns allen erschienen, und was wir jetzt hören, klingt kaum glaublich – aber wenn ich dann die Zeitungen mit den groß und fettgedruckten Telegrammen sehe und höre, wie alle Menschen nur von China reden – dann weiß ich, daß das Abenteuerlichste, Wildeste und Unwahrscheinlichste in unsern Tagen Wahrheit geworden ist.
Wir haben die Chinesen nur als arme, gedrückte
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/203&oldid=- (Version vom 31.7.2018)