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34.
Tuxedo Park, Mai 1900.

Lieber Freund! Nachdem wir in New York gelandet waren, erhielten wir von Mr. Bridgewater die freundliche Aufforderung, ihn hier zu besuchen. Ich war noch so müde und abgespannt von allem in Deutschland Erlebten, daß ich dankbar die Einladung annahm, mich etwas auf dem Lande zu erholen. Landleben, wie ich es von früher in der Erinnerung habe, Stille, Einsamkeit norddeutscher Güter, die Meilen weit von einander entfernt liegen, nur durch Landwege verbunden, die während Herbst- und Frühlingstauwetter eher verkehrhemmend als fördernd wirken – so etwas gibt es hier freilich nicht. Tuxedo Park beweist mir mal wieder, daß Amerikaner wohl Sinn für Exklusivität, aber nicht für Alleinsein haben. Sie brauchen Menschen, Bekannte – allerdings nur sorgfältig ausgewählte, solche, die in jeder Hinsicht sozial wünschenswert sind. In diesem Bedürfnis nach Verkehr, dieser Scheu vor Einsamkeit sind sie Kindern ähnlich. In dem Park von Tuxedo stehen auf bewaldeten Hügeln, die sich um einen See ausdehnen, eine Menge hübscher Landhäuser, Schweizerhäuschen mit geschnitzten Holzbalkonen und hohen Giebeln, massive Steinbauten mit breiten, südländischen

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/180&oldid=- (Version vom 31.7.2018)