Kindergesicht. Außerdem ein Vetter, ein junger Mann, auf dessen blassem, pickeligem Gesicht die keimenden blonden Barthaare sich wie spärliche Halme auf magerem Boden ausnehmen. Er ist im Radelkostüm, wodurch dünne Beine und lange platte Füße besonders aufdringlich hervortreten. Sein graues Flanellhemd ist vorne mit roter seidener Kordel zugeschnürt. Er trägt einen weichen weißen Filzhut mit einem Stutzen und auf die Nase ist ein Zwicker geklemmt. Alle fünf sprechen sie ganz laut über ihre Angelegenheiten, als seien sie allein auf der Welt, und ich entnehme, daß sie wegen Rikes Gesundheit auf ein paar Tage nach Garzin fahren, und daß ihnen das Hohenzollern-Hotel am Stadtsee von Freunden, die den letzten Sommer dort verbrachten, sehr gerühmt worden ist.
Mein altes Garzin Luftkurort! Und ein Hohenzollern-Hotel!
In zwanzig Minuten fährt die Kleinbahn durch Kiefernwald, tiefen Sand und einen niedrigen feuchten Wiesengrund, der früher einmal ein See gewesen sein muß, bis zum Eingang des Städtchens Garzin. Dort steigen wir aus. Die Berliner Familie, geführt vom Gepäckträger, schreitet eifrig auf der Hauptstraße dem Stadtsee zu.
Ich folge langsam. Das Straßenpflaster ist ganz
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/152&oldid=- (Version vom 31.7.2018)