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Von Einsiedeln ging unsere Reise weiter nach Mailand. Dort waren wir Gäste des Kardinals-Erzbischofs Ferrari, eine Ehre, die mir einige Jahre später nochmals zuteil wurde. Es gereichte mir zu besonderer Freude, in demselben Hause verweilen zu dürfen, in dem einstens mein Patron, der heilige Karl Borromäus gelebt hatte. Sein Wappen, - nicht das fürstliche seiner Familie, sondern das selbstgewählte seiner Demut -, ein von einer Krone überragtes H (humilitas d.h. Demut), erblickt man noch jetzt an verschiedenen Stellen des ausgedehnten Gebäudes. Ich betete in der Kapelle, in der ein schändliches Attentat auf den Heiligen verübt wurde, das durch einen besonderen Schutz Gottes wirkungslos blieb. Wir stiegen auch zu der Kapelle empor, die der heilige Karl unter dem Dache eingerichtet hatte, um sich ganz ungestört dem Gebete hingeben zu können. Ich hatte auch die Freude, in der Krypta des Domes die heilige Messe zu lesen, wo der Leib des heiligen Karl in kostbarem Krystallschrein ruht. Der Heilige ist mit den Pontifikalgewändern bekleidet, auf dem Haupte trägt er die Mitra, im Arme den Hirtenstab. Mit tiefer Ergriffenheit betrachtet man die sterblichen Überreste dieses außergewöhnlichen Mannes, der in seinem verhältnismäßig kurzen Leben so Großes für die Kirche Gottes geleistet hat.

Über Pavia und die weltberühmte Certosa führte uns die Reise nach Rom, wo wir am 8. November ankamen und in St. Anselm liebevolle Aufnahme fanden.

Anderen Tags suchten wir den heiligen Petrus auf in seiner Grabkirche, dem größten Gotteshause der Welt. Dort ruht der arme Fischer vom See Genesareth unter der majestätischen Kuppel Michelangelos. Hier ist der Grundstein, auf dem die Kirche ruht, heute noch ebenso sicher und fest, wie vor neunzehnhundert Jahren. Hier ist der Mittelpunkt der katholischen Einheit, von hier ergießt sich der Segen des höchsten Pontifikates über die ganze Erde. Hier haben die Glaubensboten ihre Sendung erhalten, von hier sind sie ausgezogen, die Völker für Christus zu erobern. Hier knieten der heilige Willibrord, der heilige Bonifatius, der heilige Adalbert und so viele andere,

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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_97.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)