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überdauerte. Unter Kaiser Konstantin erstand an ihrer Stelle eine mächtige Basilika, ähnlich der zu Bethlehem. Der konstantinische Bau ist längst verschwunden. Eine zur Zeit der Kreuzfahrer an die Kirche angebaute Kapelle ist erhalten geblieben und trägt den Namen Cönaculum. Auf dem vorderen Teile des einst von der alten Basilika eingenommenen Raumes wurde der Grundstein zur neuen Kirche »Mariä Heimgang« gelegt, die zehn Jahre später ihre feierliche Konsekration erhielt[1].

In letzter Stunde vor unserer Abreise entwickelte mir Professor Heidet vom Patriarchalseminar einen interessanten Gedanken. Der zum Bau der Kirche Mariä Heimgang bestimmte Platz, sagte er, ist zu klein; er umfaßt nur einen Teil des Grundrisses der ehemaligen Basilika. Wenn etwas Rechtes zustande kommen solle, so müsse der ganze Platz, den die Basilika eingenommen habe, erworben und diese in ihrer ursprünglichen Größe wiederhergestellt werden. Damit werde das katholische Deutschland den anderen Nationen ebenbürtig zur Seite treten. Die Richtigkeit dieses Vorschlages war einleuchtend. Die Wiederherstellung der konstantinischen Basilika an der Stätte der ersten christlichen Kirche war ein zu schönes Ideal, als daß man nicht wenigstens die Möglichkeit seiner Verwirklichung hätte ins Auge fassen sollen. Ich tat denn auch nach meiner Heimkehr die nötigen Schritte in Berlin, um zum Ziele zu gelangen. Leider scheiterte der Plan an der Erklärung der deutschen Vertretung in Jerusalem und in Konstantinopel, die Erwerbung des ganzen Platzes der ehemaligen Basilika sei bei dem mohamedanischen Fanatismus nicht möglich.

Die Heimreise war ebenfalls vom besten Wetter begünstigt. Trotzdem wurde sie für mich zur wahren Bußfahrt, da mich die Seekrankheit die ganze Zeit der Überfahrt nicht verließ und mir die Feier der heiligen Messe unmöglich machte. Wir landeten in Genua. Von hier ging ich mit meinem Begleiter wieder nach Rom, wo am


  1. Vgl. die Festschrift: Das Heiligtum Mariä Heimgang auf dem Berge Sion (Prag 1910).
Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_88.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)