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Abtissin; ihr Grab befindet sich noch jetzt in der Klosterkirche. lm Jahre 1803 war auch Frauenwörth der Säkularisation zum Opfer gefallen, wurde aber 1837 von König Ludwig l. als Priorat wiederhergestellt. Endlich ward im Jahre 1901 dem Kloster auch der Abteititel zurückgegeben.

Einzig schön ist die Lage dieses lieblichen Inselklosters in dem größten der bayrischen Seen. Ich werde das Schauspiel nie vergessen, das die Natur uns hier darbot. Es war gegen Abend; wir machten eine Nachenfahrt um die Insel. Da, nach Sonnenuntergang, erglühte der Himmel in feurigem Rot und entzündete im Widerschein auch den See bis in seine tiefsten Tiefen, während auf der anderen Seite die mächtigen Alpenkolosse ihre Häupter emporreckten; vor uns das stille Inselchen mit dem alten Turme der Klosterkirche.

Was ehedem niemand für möglich gehalten hätte, das sollte nunmehr zur Wirklichkeit werden. Der Bau einer Eisenbahn von Tuttlingen (Württemberg) nach Sigmaringen wurde in Angriff genommen. Beuron, obwohl nur aus einigen Häusern bestehend, erhielt eine Station, die sich bald als die wichtigste für den Personenverkehr auf dieser Strecke erwies. Bei der feierlichen Eröffnung der neuen Bahnlinie durch den württembergischen Ministerpräsidenten Freiherrn von Mittnacht nahm Erzabt Plazidus mit Erlaubnis der Behörde am Bahnhofe Beuron die Einweihung vor und beteiligte sich sodann mit den übrigen geladenen Herren an der Probefahrt.

So war Beuron aus seiner bisherigen Abgeschlossenheit herausgetreten. Sollte man sich darüber freuen oder es bedauern? Gewiß brachte die Bahn in wirtschaftlicher Hinsicht viele Vorteile, und auch den Pilgern wurde durch sie der Besuch der Gnadenstätte sehr erleichtert, eine Vergünstigung, von der in reichem Maße Gebrauch gemacht wurde. Aber andererseits ging die stille Abgeschiedenheit, die wohltuende Einsamkeit zum großen Teile verloren, ein Verlust, der für das monastische Leben sich manchmal in unliebsamer Weise fühlbar machte. Doch es hieß, sich in die neuen Verhältnisse fügen und dieselben dem Guten möglichst dienstbar machen.

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_73.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)