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Aber auch für die Interessen des ganzen Ordens hatte er ein warmes Herz; er ersehnte einen engeren Zusammenschluß der verschiedenen Kongregationen, lange bevor Leo XIII. diesen Wunsch verwirklichte.

Seinen Söhnen war er ein liebevoller Vater; jederzeit stand er ihnen zu Diensten. Mochte er auch noch so oft in der Arbeit gestört werden, stets legte er mit derselben Ruhe die Feder beiseite und empfing jeden gleich freundlich. Von seinen Söhnen hinwieder war er geliebt und hoch verehrt.

Die Kunst fand in Erzabt Maurus einen verständnisvollen Freund und Gönner. Er erkannte ihre hohe Bedeutung für das liturgisch-monastische Leben, und wenn die sogenannte Beuroner Kunstschule ins Leben treten und eine so reiche Tätigkeit entfalten konnte, so verdankt sie das seiner einsichtsvollen Förderung.

Auf wissenschaftlichem Gebiete war er unablässig tätig. Er pflegte allerdings die Wissenschaft nicht um ihrer selbst willen; auch sie sollte seiner Lebensaufgabe, der geistigen Ausbildung seiner Kongregation, dienen. Diesen Zweck verfolgte er in erster Linie bei der Abfassung seines großen Psalmenwerkes »Psallite sapienter«, das besonders eine reiche liturgisch-mystische Erklärung bietet. Außer den bereits erwähnten »Elementa vitæ monasticæ« verdient hier das schöne »Gertrudenbuch«[1] genannt zu werden, das die Exerzitien der heiligen Gertrud in vollendeter deutscher Übersetzung wiedergibt.

Seine Frömmigkeit war aufrichtig und tief. Nichts war erbaulicher, als ihn am Altare die heiligen Geheimnisse feiern zu sehen. Im Chore stimmte er mit Begeisterung in das Lob Gottes ein. Ein starker Glaube und ein unerschütterliches Gottvertrauen beseelten ihn. Menschlich gesprochen war eine Niederlassung in dem damals drei oder vier Stunden vom Bahnverkehr entfernten Beuron ein un­verständliches Wagnis. Er unternahm es im Geiste des Glaubens


  1. 7. Aufl. 1907. 9. Aufl. unter dem Titel »Die geistlichen Übungen der heiligen Gertrud d. Gr.« herausgegeben von P. Hildebrand Bihlmeyer. Im gleichen Jahr 1863 erschien eine französische Übersetzung (von Abt Guéranger), eine englische (vom Oratorianer Pope) und eine deutsche (von Abt Maurus Wolter).
Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_70.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)