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in die Fragen der theologischen Wissenschaft. Der Geist war ohne Zweifel reifer geworden; aber auch die Art und Weise, wie das Studium im Kloster betrieben wurde, erleichterte das Verständnis gar sehr.

Professor der Dogmatik war damals P. Benedikt Sauter, zugleich Prior des Klosters, ein hochbegabter Mann, der es verstand, uns in gründlicher und geistreicher Weise in die Theologie einzuführen. Das familiäre Verhältnis, das zwischen Lehrer und Schüler bestand, erleichterte die geistige Arbeit nicht wenig; sobald etwas nicht recht verstanden wurde, genügte eine Frage, um zur Klarheit zu gelangen. Ich gestehe, daß diese Weise des theologischen Studiums mir ungleich nützlicher war, als jene, die auf den Universitäten in Übung ist.

P. Benedikt begnügte sich nicht damit, uns das Verständnis unseres dogmatischen Handbuches zu vermitteln, er vertiefte den Unterricht durch Herbeiziehung ausführlicher Werke und besonders der tiefen und geistvollen Dogmatik von Scheeben. So wurde mir das Studium der Theologie überaus lieb und anziehend.

Ferien kannten wir damals im Kloster noch nicht; wenn es aber hie und da vorkam, daß die Dogmatikstunde ausfallen mußte, so war mir das immer ein kleines Opfer. Die Erinnerung an jene Zeit des theologischen Studiums gehört zu den angenehmsten meines Lebens.

Da ich das Bedürfnis fühlte, meine philosophischen Kenntnisse zu vervollständigen, so gestatteten mir die Obern, auch die Vorlesungen der Philosophie zu hören. Diese hielt in ganz vorzüglicher Weise mein früherer Mitschüler, P. Adalbert Swiersen. Wie oft habe ich die Klarheit und Gründlichkeit seiner Darlegungen bewundert! Wenn er zur Vertiefung des Vorgetragenen die philosophischen Werke des heiligen Thomas herbeizog, so war das ein wahrer Hochgenuß. Ganz gehoben, ja begeistert verließ ich nicht selten den Unterricht, um von da mich zum Konventamte zu begeben und meines Amtes als Zeremoniar zu walten.

So waren diese Jahre für mich reich gesegnet; ich gewann das regste Interesse für die theologischen Studien und zog daraus reiche Anregung für das geistliche Leben.

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_39.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)