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erhielt ich, wie ich es mir im geheimen gewünscht hatte, den heiligen Willibrord; der hochwürdigste Herr Abt legte mir in seiner Ansprache besonders ans Herz, seine Demut nachzuahmen.

Still und friedlich floß das Leben im Noviziate dahin. Doch draußen im Lande erschallte bereits der Kriegsruf des Kulturkampfes. Die Klöster sollten seine ersten Opfer werden. Das Gesetz vom 31. Mai 1875 schloß alle geistlichen Orden und ordensähnlichen Kongregationen der katholischen Kirche vom Gebiete der preußischen Monarchie aus und verfügte die Auflösung der bestehenden Niederlassungen binnen sechs Monaten.

Fürstin Katharina von Hohenzollern[1], die Gründerin des Klosters Beuron, bot alles auf, um ihre Stiftung zu retten. Vergebens. Nachdem jede Aussicht, auf Erhaltung des Klosters geschwunden war, wandte sich Abt Maurus nach Oesterreich, um dort eine Zufluchtstätte zu finden. Zu Budapest wurde er von Kaiser Franz Josef I. in Audienz empfangen. Die Aufnahme war sehr freundlich, doch hatte der Kaiser ernste Bedenken, wohl politischer Natur. Gleichwohl erhielt Abt Maurus bald darauf eine günstige Entscheidung. Das ministerielle Schreiben, das nach einiger Zeit eintraf, genehmigte eine Niederlassung der Beuroner Benediktiner in dem Servitenkloster zu Volders bei Hall in Tirol. Erst nach Jahren erfuhr Abt Maurus, daß der Kaiser nicht nur eine Niederlassung in Volders, sondern auch eine solche in Maria-Plain bei Salzburg gestattet hatte. Ministerielle Willkür hatte uns aber von diesem schönen Wallfahrtsorte ausgeschlossen.

Die erste Adventswoche wurde zur Übersiedlung der Klosterfamilie nach Volders festgesetzt. In Beuron hatte inzwischen das klösterliche Leben seinen gewohnten Fortgang genommen. Wir Novizen lebten sorglos dahin. Die Übersiedlung wurde in Ruhe vorbereitet; sie war für mich eine Anordnung des Gehorsams wie jede andere, und erschien mir als etwas Selbstverständliches.


  1. Vgl. K. Th. Zingeler, Katharina, Fürstin von Hohenzollern (1912).­
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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_32.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)