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Jesus Christus, gib uns die Kraft auszuharren, damit wir die Rennbahn dieses Kampfes unerschrockenen Geistes zu durcheilen vermögen). Diese kleinen äußeren Beschwerden waren nicht ohne Nutzen, sie stählten Geist und Körper.

Auch im liturgischen Leben begann ich mich zurechtzufinden. Es erschloß sich mir immer klarer die Erkenntnis, welch reiche geistigen Schätze in ihm verborgen sind. Den Grundsatz der heiligen Regel: »Operi Dei nihil praeponatur« (dem Gottesdienste soll nichts vorgezogen werden) Kap. 43 machte ich mir gerne zu eigen. Die Feier des göttlichen Offiziums im Chore, das tägliche Konventamt und die jeden Tag gesungene Vesper verfehlten ihren wohltuenden Eindruck nicht; unter diesem Einfluße lebte man wie von selber in der Atmosphäre der Kirche und ihres liturgischen Jahres. In der Fastenzeit pflegten die Novizen auch der zweiten Konventmesse, de feria, beizuwohnen. Ich betrachtete während derselben die herrlichen, für diese Tage bestimmten Meßgebete und fand darin reiche Nahrung und großen Trost.

Ein wesentliches Element des liturgischen Lebens ist der kirchliche Choralgesang. Die Leitung desselben lag damals in Beuron in ausgezeichneten Händen. P. Benedikt Sauter, der spätere Abt von Emaus in Prag, war in der Schule Dom Pothiers in Solesmes gebildet und hatte für den Choral ein überaus feines Verständnis; überdies verfügte er über ein klangvolles Organ, so daß er ganz dazu geeignet war, den Chorgesang zu leiten. Er hatte damals schon sein Werk »Choral und Liturgie« (1865) veröffentlicht und damit in weiteren Kreisen das Verständnis für die Liturgie und den offiziellen Gesang geweckt und neu belebt. In Beuron standen wir damals unmittelbar unter seinem frischen, anregenden Einflusse.

Was mich in meiner neuen Heimat besonders wohltuend anmutete, war der dort herrschende Geist eines echten, übernatürlichen Familienlebens. Die klösterliche Genossenschaft bildete der Regel des heiligen Benedikt entsprechend eine wahre Gottesfamilie. Mit Liebe und Verehrung schauten die Mönche zum Abte als zu ihrem

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_26.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)