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heiligen Benedikt, dies ehrwürdige Gesetzbuch des monastischen Lebens, lernte ich schätzen und lieben; ihre Bestimmungen entsprachen vielfach dem innersten Empfinden meiner Seele. So die Anforderungen, die an den Novizen zu stellen sind: »ob er wahrhaft Gott suche, ob er Eifer habe für den Gottesdienst und für den Gehorsam« (Kap. 58). Letztere Tugend sagte mir besonders zu, schon aus dem eigennützigen Beweggrunde, weil ich ihre Notwendigkeit für mich fühlte, dann aber auch, weil ich im Befehle des Oberen unzweideutig den Willen. Gottes sehen durfte. In dieser Hinsicht bereitete mir also das klösterliche Leben keine Schwierigkeiten, im Gegenteil, es ward mir wert und teuer. Das Wort der heiligen Regel: »Ambulantes alieno judicio et imperio in cœnobiis degentes abbatem sibi præesse desiderant« (sie wandeln nach dem Ermessen und Befehle eines anderen, bleiben im Kloster und haben den Wunsch, unter einem Abte zu stehen) Kap. 5, waren mir aus der Seele gesprochen. Auch die übrigen Obliegenheiten des Ordensstandes waren mir sehr zusagend. Wenn der heilige Benedikt im Kapitel über die Armut (Kap. 33) diese begründet: »Quippe quibus nec corpora sua nec voluntates licet habere in propria voluntate« (es ist den Mönchen nicht erlaubt, über ihren Leib und ihren Willen frei zu verfügen), so hatte ich dafür ein freudiges Verständnis.

Ohne Zweifel hat die göttliche Gnade meine Schwäche wirksam unterstützt und mir den Weg des monastischen Lebens sehr geebnet. Die größten Schwierigkeiten hatte ich mit mir selber, mit den Verwirrungen des eigenen Innern. Doch die liebevolle, verständige Leitung unseres Meisters half immer wieder über diese Hindernisse hinweg.

Auch an äußeren Schwierigkeiten fehlte es nicht; die ungewohnte Lebensweise, die rauhe Jahreszeit machten sich fühlbar und manchmal, wenn ich des Abends in der eisigen Kirche die Altäre besuchte, drängte sich mir das Gebet des heiligen Placidus auf die Lippen: »Domine Jesu Christe, da nobis virtutis constantiam, ut hujus agonis stadium intrepida mente percurrere valeamus« (Herr

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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_25.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)