Seite:De Benzler Leben 198.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Behörde weder im Frieden noch im Kriege etwas zu verordnen. Wenn da und dort über den Mangel an patriotischer Gesinnung bei einzelnen Geistlichen geklagt werde, so sei das zu bedauern, aber auch zu erklären aus der Behandlung, die dem Klerus seit Beginn des Krieges an manchen Orten zuteil geworden sei.

Ein anderer Streitpunkt betraf die Mitbenützung katholischer Gotteshäuser zu akatholischem Gottesdienst. Der Bischof erklärte, ein allgemeines Kirchengesetz verbiete diesen Mitgebrauch; er halte sich daher nicht für befugt, im allgemeinen oder in einem Einzelfalle von diesem Kirchengesetz zu dispensieren. Er könne aber in Anbetracht der gegenwärtigen Lage die Geistlichen anweisen, im Notfalle den Mitgebrauch der katholischen Kirchen durch die Prote­stanten stillschweigend zu dulden. So geschah es auch. Damit war die Militärbehörde schließlich zufrieden.

Auch der lange Talar und besonders das Beffchen (Rabat) der Geistlichen war manchen Militärbeamten ein Dorn im Auge. Der Bischof wurde ersucht, beides abzuschaffen, die Priester sollten statt des auffälligen Talares die kurze Sutanelle tragen. Der Oberhirte ging auf dieses Verlangen nicht ein, da der Talar das eigentliche Priestergewand sei. Dem Verlangen des Militärkommandos kam er aber insoweit entgegen, als er am 30. Oktober 1914 den Priestern das Tragen des Beffchens[1] untersagte. Ende Dezember schärfte er dieses Verbot noch einmal ein, da man darin ein Zeichen der feind­seligen Gesinnung gegen Deutschland sehe und sich ein Priester dadurch großen Unangelegenheiten aussetze.

Auch in einem anderen Punkte glaubte der Bischof dem Drängen der Regierung in etwa nachgeben zu müssen. Es waren Klagen dar­über laut geworden, daß die Verehrung der seligen Jeanne d'Arc in französisch-nationalistischem Geiste mißbraucht werde, besonders in manchen Vereinen. Daraus entstanden da und dort Verdächtigungen.


  1. Wie wenig das Beffchen ein ausschließlich französisches Abzeichen der Priester ist, ergibt sich auch daraus, daß es der Kardinalerzbischof von Paris Dubois im Herbst 1921 in seiner Diözese abschaffte.
Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_198.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)