Seite:De Benzler Leben 16.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und über den Bodensee nach Konstanz. Hier wurden das Münster und der Konzilssaal besucht. An dem Hause, in dem Johannes Huß festgenommen worden, lesen wir die Inschrift: »O we mir arme tropf! – hier nam man mich beim schopf. Hierher ich entrunnen war, – bin doch nit kummen auß’der g’far.«

Über Schaffhausen, wo wir den Rheinfall bewunderten, gings nach Freiburg im Breisgau. Hier wurde aber nicht nur das Münster besichtigt und der Schloßberg bestiegen. Was uns mehr als alles andere nach der schönen Dreisamstadt zog, das war der bekannte Professor Alban Stolz; ihn wollten wir sehen und wo möglich sein Kolleg besuchen.

Für Alban Stolz waren wir nicht wenig begeistert. P. Jungmann S. J., unser Professor in der geistlichen Beredsamkeit, schätzte die Werke von Alban Stolz sehr hoch und rühmte ihn uns als einen Schriftsteller, der noch deutsch zu schreiben verstehe. In der Vorlesung, der mir beiwohnten, sprach Alban Stolz über die religiösen Gefühle, wie diese stets von der christlich erleuchteten Vernunft geleitet werden müssen, wie der Katechet sie bei den Kindern wecken und in Gebet und Lied zum entsprechenden Ausdruck bringen soll; daß sie nur Bedeutung hätten, wenn sie mit christlichem Leben und Wirken verbunden seien, denn »Gottes Liebe ohne Tat – Ist Teufels Lust und Teufels Rat.« – Es ist mir zeitlebens eine angenehme Erinnerung geblieben, den bedeutenden Mann gesehen und gehört zu haben.

In Straßburg, wo die Spuren des Bombardements von 1870 noch nicht ganz verwischt waren, wohnten wir in der Seminarkapelle der Feier der heiligen Priesterweihe bei, die Bischof Räß († 17. November 1887) vornahm. Unter den Neupriestern befand sich einer unserer Innsbrucker Freunde.

Im Herbste des Jahres 1872 trat ich in das theologische Konvikt ein. Leider mußte ich aus Gesundheitsrücksichten zu Ostern die Anstalt wieder verlassen, konnte aber im folgenden Jahre dorthin

Empfohlene Zitierweise:
Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_16.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)