Seite:De Beneke Hamburgische Geschichten und Sagen 303.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zu bekommen. Aber der hatte nirgends Rast, es trieb ihn fort und fort eine innere Unruhe, und kaum war er irgendwo warm geworden und gedachte sich der heimlichen Grillen zu entschlagen und froh zu leben, so fühlte er sich wieder aufgetrieben, weiter zu wandern, als könnte er entfliehen dem, was ihn so jagte und peinigte: dem Gewissen. Und wie bitterlich er auch seine Unthat längst bereuet hatte, wie brünstig er auch Gott um Vergebung gebeten hatte, wie ehrbar und makellos auch sein Wandel war, dennoch konnte er keinen Frieden finden; seine Reue war noch ohne Buße, ohne Sühne, darum fand er keine Versöhnung mit Gott, mit der Welt, mit sich selber.

Als sieben Jahre so vergangen waren, da traf es sich, daß er auf der Wanderschaft fern im Reiche in ein Dorf komme, wo die Kirche offen steht und der Pfarrer predigt darinnen. Unwillkürlich tritt er hinein und steht im Eingange und vernimmt des Pfarrers Rede, wie er grade aus dem 1. Buch Mosis, Cap. 4, V. 10, die Worte erklärt, die der Herr zu dem ersten Mörder Kain gesagt: „das Blut deines Bruders schreiet zu mir!

Und diese Worte Gottes, die der fremde Pfarrer wohl auf höhere Fügung gesprochen, haben des Johann Körner’s Herz dergestalt getroffen, daß er von Stund’ an gewußt, was er zu thun habe, um Ruhe und Frieden wiederzufinden. Darum machte er sich auf, um den Weg der Buße und Sühne, – den Weg des Gerichts – zu gehen, und zog als mühseliger und beladener Pilgrim heim in die Vaterstadt, wo er unerkannt anlangte.

Hier ging er sogleich in die Büttelei am Berge, und bat den Scharfrichter, Meister Valentin Matz, daß er ihn schließe als einen Mörder, der er wäre, und es Einem Ehrbaren Rathe sofort hinterbringe, damit er vor Gericht gestellt würde,

Empfohlene Zitierweise:
Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_303.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)