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die jemals geboren sind, der Heiland der Welt, den du anbeten sollst. Hat er diesen dritten Schuß, der nie fehlt, aus seinem Gewehr geschossen, so gehen die Drei mit ihm zu dem Baum, und er muß das schöne Kind in seinem Blute liegen und sich zu Tode ächzen und zappeln hören und sehen. Die Drei aber lachen und singen schändliche Lieder dazu; und er muß mitlachen und mitsingen. Fällt ihm da das Herz zusammen oder versagt ihm die Stimme, so wird er weggejagt. Bei dieser letzten und grausamsten Probe entlaufen viele, und können sie nicht vollbringen; manche aber, die sich auch des letzten schwersten Schusses unterstanden, sind bei dem Gewimmer des geschossenen Kindes wahnsinnig geworden und wie Rasende davon gelaufen. Gewiß manche von den nackten Menschen, welche bei nächtlicher Weile so häufig in Wäldern gesehen werden und welche die Leute für wilde Wald- und Berg-Menschen halten, welche auch zuweilen durch Städte und Dörfer laufen und die Menschen erschrecken, sind wohl solche verunglückte Freischützen. Das göttliche Kind aber, das mit dabei ist, das wißt ihr wohl, ist nicht das wirkliche göttliche Kind, sondern der alte höllische Affe und Seelenfänger gaukelt so ein Bild hin und läßt den armen lüsternen Menschen in der alten Apfelluft an dem Geheimen sich daran verfangen und versündigen.

Wer nun eine rechter Freischütz ist, der die fürchterlichen Ceremonien ganz durchgemacht und bestanden hat, der besitzt freilich ganz besondere Jägergaben, aber seine andern Gaben will ich nicht mit ihm theilen. Freischütz wird er wohl vorzüglich deswegen genannt, weil niemand

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_336.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)