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Ende desselben aus allen Kräften zu wippen – er gebehrdete sich aber als taumele er – und wippte so arg, daß das Brett umschlug und die alte Frau mit Korb und Sack in den Bach fiel, so lang sie war. Er sprang nun zu und half ihr wieder aus dem Wasser und stellte sich, als sey er unschuldig an der Sache, greinte und grieflachte*)[1] aber in sich. Die alte Frau dankte ihm noch und ließ sich nichts merken, zog ihre nassen Kleider aus und hing sie an Sträuchen


  1. *) Wird ausgesprochen an einigen Orten grifflachen, an anderen grieflachen, das letzte offenbar richtiger. Wir haben kein Wort in unserer Sprache, diesem gleich, ein boshaftes Lachen, was sich unter Bart und Lippen verstecken mögte und doch die geheime Freude über fremden Unfall nicht bergen kann, auszudrücken, als dieses sassische Wort. Es drückt die Gebehrde aus, die zwischen Weinen und Hohnlachen in der Mitte um den Mund schwebt. Die erste Sylbe ist in der englischen Sprache übrig, wo es Kummer Traurigkeit bedeutet. Wie Traurigkeit und Bosheit in der Bedeutung der Worte zusammenfallen, davon zeugt jede Sprache, z. B. das italiänische tristizia tristezza und das englische mischief, das gothische hemsk (verschlossen hinterlistig, traurig erschrocken) und das sassische inheimsch.
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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_419.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)