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Schweine ausgestorben Schaafe geschlachtet Tauben und Hühner vom Marder aufgefressen der Hund an der Kette verhungert – kein Hahn krähete mehr auf ihrer Hausthüre kein Bettler seufzete mehr sein Gebet davor. Und Trine saß allein und verlassen mit gelben gefurchten und gerunzelten Wangen und von Thränen und Jammer triefenden Augen und schneeweissen Haaren in der frierenden Ecke ihres leeren Zimmers und hielt ihren magern und in der Asche verbrannten Kater auf dem Schooße und weinte jämmerlich über den kargen Brocken, die man ihr von fern zuwarf, denn keiner mogte ihr gern nah kommen.

So hat man sie eines Morgens gefunden todt auf dem Boden ihres Stübchens hingestreckt und ihren treuen Mieskater Martinichen todt auf ihr liegend. Die Leute haben mit Grauen davon erzählt. Und die sonst so reiche Trine, die der Kirche und Geistlichkeit immer so gern gab, als sie noch was zu geben hatte, ist begraben, wie man Bettler begräbt, ohne Sang und Klang ohne Glocken und Gefolge, kein Nachbar hat sie zum Kirchhof begleiten wollen kein Verwandter ist ihrer Leiche gefolgt, sie hatte ihnen ja nichts nachgelassen. O kalte Welt wie kalt wirst du denen im Alter, die dann nichts haben, womit sie sich die Füße zudecken können und ach! auch die irdischen Mängel, die man mit schärferen Augen an den Alten betrachtet!

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_414.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)