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leckte von ihrem Teller und lappte aus ihrem Napf, er war der Liebling, er durfte alles, keiner durfte ihm was thun: Hunde wurden herausgejagt, die ihn beissen wollten, ein Knecht ward verabschiedet, weil er ihn Murrkater und Brummkater Speckfresser und Mausedieb genannt hatte.

Dies gab Geschichten und Lügen und Mährchen im ganzen Dorfe bald im ganzen Kirchspiele dann im ganzen Ländchen: Trine hieß eine Hexe, die einen wundersamen Kater habe, mit dem es nicht richtig sey und vor dem man sich hüten müsse. Das sey ein Kater, einen solchen zweiten werde man in der ganzen Welt umsonst suchen, den ganzen Tag thue er nichts als fressen und sich hinstrecken und sonnen oder auf Trines Knieen herumwälzen, des Nachts liege er auf ihrem Bette bis an den lichten Morgen, und doch finde der Knecht, wann er morgens frühe zur ersten Fütterung in den Pferdestall gehe, immer zwei große Haufen todter Ratten und Mäuse vor der Hausthüre aufgethürmt. Was möge das wohl für ein Kater seyn, der für diesen feisten und glatten Faullenzer die Arbeit thue?

Dies Gerede und Gemunkel hatte sich freilich erst draussen herumgetrieben, dann kam es auch in Trinens Haus und zu Trinens Leuten, und ihnen fing an bei ihr ungeheuer zu werden.

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_411.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)