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mit einem Knechte, der auch nicht mehr jung war, und die drei bestellten und bestritten die ganze Wirthschaft. Nun kam Erdwürmchen nach dazu und half ihnen. Sie hatten zwei Ochsen, zwei Pferde, acht Kühe, zwanzig Schaafe und Ziegen, viele Hühner und Enten auf dem Hofe und Obst im Garten und Korn im Felde und lebten recht gut und vergnügt. Auch waren es christliche fromme Leute und in ihrem Leben hat Erdwürmchen nicht so viel in der Bibel und im Gesangbuche gelesen als hier. Den Sommer waren alle fleißig, daß sie das Haus und die Scheunen voll schafften für den Winter; den Herbst und Winter droschen die Männer Korn und fällten und fuhren Holz aus dem Walde, Mütterchen aber und Erdwürmchen, wann sie das Vieh und die Küche besorgt hatten, saßen am Spinnrocken und spannen und erzählten einander Geschichten oder sangen geistliche Lieder. Erdwürmchen hat nachher oft erzählt, die Jahre, die sie hier verlebt habe, seyen die vergnügteste Zeit ihres Lebens gewesen.

So waren hier fünf Sommer vergangen und die Zeit war Erdwürmchen gewiß nicht lange geworden; da kam die alte Frau eines Morgens zu Erdwürmchen in ihr Kämmerchen und sprach: Liebes Erdwürmchen, nun ist es Zeit, daß du von hier reisest und wieder zu deinen lieben

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_354.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)