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und Falken und andere Schnellflieger gegriffen hat. Sie ist auch zuweilen des Nachts ausgefahren, wann Goldkäferchen ihr Kutscher sie zu solcher Spazierfahrt einlud; sie hat sich dann leise und heimlich aus dem Bette geschlichen, wann die andern im Hause alle schliefen, und diese Fahrten bei Mond- und Sternenschein däuchten ihr die allerlustigsten. Aber nie hat sie der Mutter etwas davon merken lassen, sie hat dies überhaupt heimlich gehalten; nur das hat sie erzählt, daß die alte Frau ihr die schönen neuen Kleider geschenkt hat für das Röckchen, das sie ihr im Frühlinge gegeben.

Erdwürmchen war nun fünfzehn Jahre alt und begann ein großes Mädchen zu werden; sie hütete aber noch immer das Vieh im Walde. Nun sammelte sie, wann Goldkäferchen grade nicht bei ihr war – er kam schon viel seltener – die andern Knaben und Mädchen, welche auch Hirten waren, häufig um sich herum und erzählte ihnen Geschichten, denn deren wußte sie eine Menge von ihrer Mutter, welche die Winterabende in der Spinnstube immer mit Erzählungen zu kürzen pflegte. Eines Tages hatte sie eine sehr traurige Geschichte erzählt, wie ein schöner junger Prinz im Kampfe mit einem Drachen auf den Tod verwundet war und bei’m Sterben seiner Herzallerliebsten vorsang:

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_346.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)