Seite:De Arndt Mährchen 1 345.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Rappen zogen an, und hui! ging es in die Höhe und über die höchsten Buchen und Eichen fort, daß es sausete. Erdwürmchen hatte gar nicht geglaubt, daß es Ernst sey, auch hatte sie ihren Wunsch, einmal so durch die Lüfte zu fliegen, nur so leicht hin gesagt, wie Menschen, wenn sie Vögel oder Schmetterlinge sich in den Lüften wiegen sehen, wohl sprechen: o wer doch auch einmal so fliegen und durch die leichten Lüfte segeln dürfte! Nun hätte sie gern Halt! Halt! geschrieen, aber sie hatte keine Zeit dazu; denn es ging gar zu geschwind und sie hatte genug zu thun, sich an der Lehne des Wagens festzuhalten, damit sie in der Angst nicht herausflöge. Als sie aber zuletzt sah, daß keine Gefahr dabei war, da ließ sie sich die Fahrt gefallen, die immer über den Wald hin ging, wohl zwei Meilen weit und dann wieder zurück. Und als das Wägelchen hingekommen ist, wo ihre Kühe und Kälber weideten, hat Goldkäferchen ihn sanft abwärts gelenkt, und so sind sie auf derselben Stelle wieder niedergekommen, wo sie aufgefahren waren.

Diese Fahrten hat Erdwürmchen oft gemacht und sich inniglich ergötzt, daß sie in dem elfenbeinernen Wagen mit dem leichten Gespann der Gottspferde geschwinder als die geschwindesten Vögel fliegen konnte, so daß sie da oben oft Tauben

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_345.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)