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das fleißigste in der Schule und das andächtigste in der Kirche und gut und freundlich und gehorsam gegen alle Menschen; besonders gab es den Armen gern und bat die Mutter immer, wenn sie etwas auszutheilen hatte, daß sie ihr die Spende überliesse. Sonst war das Kind bei aller seiner Freundlichkeit sehr in sich gekehrt und von stiller verschwiegener Natur, sprach nicht viel, war gern allein und liebte sehr die Einsamkeit im Garten im Felde und in den grünen Wäldern. Der liebe Gott, der jedem Menschen so seine eigenen Anlagen und Triebe mitgiebt auf die Welt, hatte diesem Kinde eine große Liebe für die Natur und ein leichtes und helles Verständniß der Dinge mitgegeben, so daß sie, was kluge Leute kaum halb aussprachen und nur so leicht hinwinkten, schon begriff und vieles verstand und im Spielen lernte, was ihr kein Mensch erklärt noch gelehrt hatte. Die Leute pflegen sich über solche helle Kinder zu wundern; einige nennen sie Sonntagskinder, weil sie alles sehen und verstehen können; andere schlimmer meinen wohl gar, es gehe nicht mit rechten Dingen zu bei ihnen. Und ist doch alles natürlich und kommt von Gott her, daß die einen viel wissen und leicht lernen und die andern dumm sind und nichts lernen. Die kleine Eva kannte, als sie zehen Jahre alt war,

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_338.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)