Seite:De Arndt Mährchen 1 334.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Dieser aber lag wirklich todt da und sollte nimmer wieder aufstehen. Sie betrachteten nun seine ungeheure Lanze und seine gewaltigen Waffen, die ein gewöhnlicher Mann gar nicht von der Erde aufheben konnte, und liessen ihn da liegen; das alte garstige Weib aber, um welches der blutige Span entstanden war, liessen sie in Frieden gehen, wohin sie wollte. Der Prinz aber nahm zum Andenken dieses Streits mit dem Riesen nichts weiter mit als den großen weissen Hengst, worauf der Unhold geritten war, und sein Schwerdt. Als sie das Schwerdt von der Erde aufnahmen und näher betrachteten, sahen sie ein neues Wunder: die Spitze war zusammengeflossen, wie Eisen geschieht, das in die Kohlengluth gelegt wird, damit es dem Schmiede wieder weich werde. Und als Schneeflöckchen dies sah, funkelten ihr die Aeuglein vor Entzücken und die hellen Thränen liefen ihr über die Wangen, und sie drückte den Prinzen mit einer Gewalt an ihre Brust, als wolle sie in Eins mit ihm zusammenrinnen, und rief: o du allertreueste und an Liebe unüberwindlichste Seele! so ist dein Herzblut so heiß von Liebe, daß das Eisen des Riesen daran geschmolzen ist und nicht hat eindringen können? So habe ich nun dieses warme Herz, wovon mir so oft geträumt hat in bitterer Trauer

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_334.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)