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wilde verschneite Gebirg bis in den höchsten Kaukasus hinein, und da hatte ihn das süße Schneeflöckchen am Leben erhalten.

Als der Prinz zu der Stadt gekommen war, ritt er vor das Haus eines Juweliers und kaufte sich ein Fläschchen aus lauterem Diamant und goß sein funkelndes Tröpfchen sein Schneeflöckchen da hinein und versiegelte das Fläschchen und steckte es zu sich und sprach: du wirst noch wohl einmal Prinzessin werden, wie Dornröschen in der Wüste geworden ist, und wenn du es nimmer wirst, ich bin der glücklichste aller Menschen, solange ich nur diese Flammen fühle. Er hatte sich nemlich ein Säckchen über dem Herzen gemacht, darein steckte er das Fläschchen, und er fühlte es bis in sein Herz, und es war ihm wie ein sanftes Prickeln, das er um die ganze Welt nicht hätte missen wollen. Er ritt aber immer lustig fort durch die weite Welt. Denn daß das Tröpfchen verwandelt werden mußte und daß es so nicht bleiben konnte, das ahndete ihn; das wußte er auch, daß er vor der Erfüllung seines Schicksals nicht zu Hause reiten durfte. Und Schneeflöckchen saß als ein kleines Tröpfchen in dem diamantenen Fläschchen und war die allerglückseligste, denn sie fühlte, daß sie geliebt war; aber doch zitterte sie oft bei sich und dachte: Fünf Jahre wie lange!

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_326.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)