Seite:De Arndt Mährchen 1 318.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

meine Leichenmusik, wie ich sie liebe. Du bist hin, edle Stärke, worauf ich getrotzt habe, du bist verwelkt, Schönheit, welche Frauen und Jungfrauen gepriesen haben, du hast dich verschmachtet und verblutet, arme kranke Seele, und sollst hier die Ruhe und den Frieden finden, den die kalte Erde dir nicht geben konnte. O kalte Erde! bald nicht mehr zu kalt, bald ein stilles kühles Bett dem Starren und Gefühllosen. – Komm treues Schwerdt, zu treuer Freund und Schirmer in so manchen Schlachten und Abentheuern! thu mir den letzten Dienst! schneide dies Herz inzwei, das schon genug zerschnitten ist, dies arme Herz, dem alle Güter und Schätze gegeben waren, nur der einzige höchste Schatz der Liebe nicht. O wenn dieser kalte häßliche Dornstrauch lieben könnte, ich wollte ihn umarmen, ich wollte ihn an meine Brust ja in meine Brust hineindrücken, daß sie von seinen hundert Spitzen bluten sollte, und ich wollte jauchzen vor Seligkeit; ja dich dünnen Schnee wollt' ich nehmen, wenn deine Kälte zu Liebe erwärmen könnte, wollte mir die Hände von dir vollballen und dich tragen als meine köstlichste Habe, und Himmel und Erde sollten meinen Schrei hören: ich bin geliebt! ich bin glückselig! Ja eine Otter, eine Kröte wollt' ich umarmen und sie Braut nennen und Zärtling und

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_318.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)