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können. Und Schneeflöckchen flog auf und flog flugs hin, woher die Stimme tönte. Und sie sah unter einem kahlen Baum, durch dessen wenige falbe Blätter de wintrige Wind heulend pfiff, einen Jüngling stehen stattlich und reisig von Wuchs und schön von Gestalt. Er stand aber fast nackend da, sein Waffenkleid sein Panzer und Helm und Schild lagen im Schnee umhergestreut, sein edles Roß stand seitwärts und kratzte Gras unter der Schneekruste hervor und fraß, seinen Sporen lagen zerbrochen, sein Wams lag zerrissen neben ihm, in der Rechten hielt er ein blankes Schwerdt und seine Haare flogen wild im Winde und seine Blicke sahen verstört, wie wenn einer in eine Wüste hineinstarrt, und von seinen Lippen ächzeten jammervolle Klagen. Schneeflöckchen legte sich angstvoll und schweigend zu seinen Füßen und dachte bei sich: Ach wenn der Mann wehvoll ist wie ich und unglücklich durch Liebessehnsucht, so mag er mich hier zertreten in seiner Verzweiflung, daß ich den letzten Athem von Leben und Bewußtseyn verliere! Das sollte mir der süßeste Tod seyn. Er klagte aber also:


Seyd mir willkommen, Orte der Trauer! ihr wüsten Felsen, kahlen Bäume, du rauhe und finstere Kluft und ihr Winde, die ihr mit dem Schneegestöber dahinpfeift – ihr seyd mein Leichengefolge,

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_317.jpg&oldid=- (Version vom 30.7.2017)