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Zitternd vor den leichten Winden,
Vor der Lüfte Wankelmuth,
Kann ich nirgends Ruhe finden.
Ach! ich armes junges Blut!

     Und mein Seelchen voll von Liebe
Saus' ich durch die öde Welt,
Welche meine schönsten Triebe
Nur für Winterlügen hält,
Muß dem Stein am Busen frieren
Und dem starren harten Eis,
Das sich wohl mit Glanz zu zieren,
Aber nicht zu lieben weiß.

     Und so kann ich einsam fliegen
Durch die lange Ewigkeit,
Und dies Herz wird nie sich schmiegen
An ein Herz voll Zärtlichkeit;
Wie ich brenne, wie ich glühe,
Keine Seele glaubt es je,
Wenn ich gleich von Flammen sprühe,
Heiß' ich doch der kalte Schnee.

     O wo lebt das holde Wesen,
Wenn ihr's wißt, so sagt mir's an,
Welches diesen Zauber lösen,
Diese Liebe kühlen kann?
O wo lebt die seltne Treue,
Welche Stahl und Eisen schmelzt
Und für mich ein kühner Leue
Sich durch Feu'r und Strudel wälzt?

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_315.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)