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Prinzessin Gunhilde sey wiedergekommen und sey schön und lieblich wie der Tag. Und in der ganzen Stadt ward große Freude und bald auch im ganzen Lande; denn sie hatten sehr getrauert um des Königs Kinderlosigkeit und um den Jammer und die Kriege, die es nach seinem Tode geben konnte wegen der Nachfolge. Es kamen nun auch alle herbei, die zum Hofe gehörten und Gunhilden in ihrer Kindheit gesehen oder gewartet und gepflegt hatten, und auch ihre Amme kam und die Kammerfrauen kamen, und erkannten sie alle wieder. Sie tasteten aber alle nach dem Röselein, die Amme aber meinte, sie hätte sie auch wohl ohne dies Zeichen erkannt: denn so, habe sie gedacht, müsse sie grade aussehen, so schlank so weiß so hell, als sie jetzt vor ihr stehe, eine Braut für den mächtigsten Kaiser der Erde. Und die Amme weinte vor Freuden und Gunhilde weinte auch, daß sie von allen so lieb gehabt ward. Und noch denselben Abend, ehe sie von einander schieden und ein jeder in sein eigenes Kämmerlein ging, nahmen der König und die Königin sie allein, und der König sprach zu ihr:

Theure Prinzessin Gunhilde und mein einziges geliebtes Kind. Gott hat größere Gnade und Barmherzigkeit an mir gethan, als meine Sünden verdienen, und lässet noch einen schönen

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_306.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)