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König werden. Und ist er nicht ein feiner Junge? Pah! ich meine, er braucht vor Königsblut nicht umzukehren. – Mit diesem fröhlichen Selbstgespräch schied sie aus dem Garten und verschwand durch die Pforte; und nach einigen Augenblicken trat statt ihrer ihr Söhnlein daher, oder vielmehr es humpelte – und wie sah es aus?

Es war ein Jüngling von neunzehn Jahren, nicht viel über drei Fuß hoch und fast eben so breit und dick, als er lang war. Er zeigte vorn – denn der Kopf ging dem Leibe eine halbe Elle voran – einen breiten Kopf, der sich nach oben gradauf wie ein Zuckerhut zuspitzte, mit einem platten Gesicht, eingedrückter Schnauze und kleinen blinzelnden grauen Augen, und was noch glatt hätte seyn können von Blatternarben jämmerlich zerissen. Seine Scheitel bedeckten dünne weisse Haare und wo der Männerbart stehen sollte, standen hie und da einzelne Struppen wie Diesteln auf einem unfruchtbaren Sandfelde. Diese saubere Gestalt war auf das allerabentheuerlichste und lächerlichste verziert, etwa wie vor hundert Jahren die Edelknaben an den Fürstenhöfen gekleidet gingen. Er trug einen rothen Scharlachrock mit Gold besetzt, eine seidene golddurchstickte Weste und weisse atlassene Beinkleider und weisse seidene

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_276.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)