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an einem Goldringelein. Und als das Ringelein fertig war, flugs war einer eine Krähe, nahm es in den Schnabel, und flog damit über die Schneeberge und in den Garten hinein. Und als es Nacht geworden war und die süße Prinzessin Gunhilde im Bette lag und schlief, flatterte das Vögelein auf das Bett und belehrte das Kind in der Gestalt eines Traumes über sein Schicksal, indem es ihr im Traum in seiner wahren Gestalt erschien als ein feiner Unterirdischer im schneeweissen Gewande und mit dem weissen Mützchen mit der silbernen Glocke auf dem Kopfe. Es flüsterte ihr aber folgendes vor:

Liebes freundliches Lilienkind, ich bin einer der weissen Unterirdischen, von welchen du nichts weißt, die aber sehr deine Freunde sind, und ich komme dich über dein Schicksal zu belehren und dich vor den bösen Tücken und Künsten einer alten Hexe zu warnen, die dich auf eine uns unbegreifliche Weise in ihre Gewalt bekommen hat. Dein Vater ist ein großer König, der im fernen Norden herrscht, und deine Mutter ist eine Königin. Von diesen hat sie dich weggestohlen und entführt und dich in diesen Garten und in dieses krystallene Haus gesetzt. Sie ist ein sehr häßliches altes Weib, mager und runzelicht und triefäugig und hat einen häßlichen lahmen Sohn; mit dem und mit dir hat

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_267.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)