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eine tiefe Sehnsucht nach dem schönen Sonnenlande, und er antwortete seiner Braut:

Liebe süße Lisbeth, du ermahnest mich ganz recht. Ich empfinde nun auch, daß es Sünde ist für Christen, hier zu bleiben, und mir ist im Herzen fast, als hätte der Herr Christus uns mit diesem Hahnenkrei als mit seiner Liebesstimme gerufen: Kommt herauf, ihr Christenkinder, aus der Bezauberung und aus den Wohnungen der Verblendung! kommt herauf an das Sternenlicht und wandelt wie die Kinder des Lichts. Ja, Lisbeth, mir ist zum ersten Mal recht weh um das Herz geworden und ich sehe wohl, daß es ein großer Fürwitz und eine schreckliche Sünde war, daß ich so mit den Unterirdischen hinabgefahren bin. Das mag Gott meinen jungen Jahren vergeben, weil ich ein Kind war und nicht wußte, was ich that. Und nun will ich auch keinen Tag länger warten, sondern geschwinde Anstalt machen, daß ich fortkomme. Mich dürfen sie hier nicht halten.

Und er war sehr bewegt in seiner Seele und führte sein liebes Kind eilends von dannen. So trieb ihn der Vorsatz fort, der schon in ihm lebendig war. Er hatte aber nicht bemerkt, daß Lisbeth bei seinen letzten Worten todtenblaß geworden war und wie schwer sie ihr aufs Herz gefallen waren; denn sie hatte vorher nicht bedacht,

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_200.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)