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und bliesen auf Trompeten und verkündeten: Des großen Kaisers von Indien Tochter, die schön sey wie die Sonne und lieblich wie der Mond, werde des Mannes Gemal, der mit Dolch und mit Schwerdt in offenen Schranken einen bengalischen Tiger fälle; und dieser siegreiche Gemal werde des Kaisers Nachfolger im Reiche. Und es zogen herbei Könige und Fürsten und Grafen und Ritter von Fernen und Nähen, aber die Fürsten und Großen des Reichs rüsteten sich auch zu dem Tage. Denn die Prinzessin war eine rechte Rosenblume der Schönheit, und wäre sie häßlich gewesen wie die Nacht, ein großes Reich däucht den meisten Männern noch eine anmuthigere Rosenblume als die schönste Prinzessin.

Als nun der Morgen angebrochen war, an welchem der Kampf geschehen sollte, war der Tiger aus seinem eisernen Käficht früh in die Schranken gelassen, damit alle ihn beschauen könnten. Die dann noch Lust hatten zu kämpfen, meldeten sich bei dem obersten Kampfrichter, und er schrieb sie auf und ordnete sie nach ihrer Geburt und ihrem Range, so daß der Vornehmste immer zuerst mit dem Thiere zusammengelassen ward. Der Tiger war aber ein so fürchterliches Unthier, von solcher Höhe und solchen Knochen, daß die meisten, die auch kampflustig gekommen waren, zurückwichen und nicht viele sich aufschreiben

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_146.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)