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Ferdat, einen trotzigen Mann und der sich von seinem Urgroßvater her einen Vetter des Kaisers nannte. In dieser rathlosen Noth, damit nicht noch bei seinem Leben Aufruhr im Volke entstände, mußte er sich einen Nachfolger verschaffen. Das wäre nicht schwer gewesen, aber er wünschte auch einen Eidam und einen Gemal für seine Tochter, der zugleich auf dem Thron säße nach ihm. Den durfte er aber nicht wählen, sondern die Wahl stand unter einem schrecklichen Gesetze, das die Kaiser Indiens in der uralten Zeit hatten ausgehen lassen, damit keine Weichlinge auf den Thron kämen. Die Söhne folgten dem Vater im Reiche in Reihe zu Reihe nach; hatte der Kaiser aber nur Töchter und wollte er die älteste auf dem Throne erhalten, so war sie dem zu Theil, der im Kampfe als der Tapferste oder Glücklichste bestand, und dieser bestieg mit ihr nach des Vaters Tode den Thron. Es mußte mit einem Tiger oder Löwen in offenen Schranken um die höchste Ehre der Welt auf Leben und Tod gekämpft werden, und ob der Streiter jung ins Grab sinken oder das Brautbett der Prinzessin besteigen sollte, war oft nur das Zwischenspiel weniger Sekunden.

Der Kaiser stellte denn das Brautbett seiner schönen Tochter zwischen einen bengalischen Tiger und das Glück. Herolde ritten in alle Lande aus

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_145.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)