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Sonne und der Gestirne das unendliche und überschwängliche Wesen anbeten, zu dessen überirdischem Glanze der Verstand keinen Weg noch Steg findet sondern zu dem allein das stille und fromme Herz einen Pfad weiß. Zu dieser stillen Andacht nahmen sie immer ihr kleines Söhnlein mit, damit Gott sich durch das Beispiel und durch die Liebe in sein zartes Herz senkte; denn nie sprachen sie zu ihm ein Wort über das, was sie selbst nicht verstanden, ausser daß sie den Namen Gottes nannten und mit den Händen und Augen zum Himmel und zu den Sternen zeigten. Sie beteten aber immer mit für das Kindlein und daß Gott ihm gnädig und mild seyn und es fromm machen und ihm die Brust mit Gnade und Freude füllen möge zu seiner Zeit. Sie hatten aber nur dies einzige Kind, es war ein Knabe und hieß Paiwai. Und mit Gott und mit diesem Kinde lebten sie in ihrem einsamen Häuschen und Wäldchen und Gärtchen das stilleste und glücklichste Leben, das seit Adams Zeit je ein Menschenpaar auf dieser Erde gelebt haben mag.

Der kleine Paiwai war in diesem Leben fünf Jahre alt geworden und war ein schönes starkes Kind, so wunderschön und lieblich von Wuchs und Gebehrde, daß alle Leute, die es sahen, vor ihm stillstanden und sich freueten.

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_124.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)